Das Kind kommt aus einem anderen Bundesland zu uns.
Es ist viel älter als die Kinder unserer vierten Klassen, aber die Dokumentationen zeigen, dass
es gut aufgehoben und inklusiv beschult wurde.
Ein Integrationshelfer, so dokumentieren die Unterlagen ferner, hat das Kind während der gesamten Schulzeit begleitet.
Dies ist unabdingbar.
Nun steht es hier, das Kind, fröhlich und bereit beschult zu werden.
Leider jedoch wird das AO-SF des anderen Bundeslandes nicht anerkannt.
Die Eltern wünschen eine Regelbeschulung und die Schulaufsicht weist uns das Kind zu.
Einfach so.
Es muss schließlich beschult werden.
Natürlich heißen wir das Kind herzlich willkommen, aber erstmalig stoßen wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten.
Doch niemand will uns hören.
Niemanden interessiert, was nun geschieht.
Ich klage an, denn es ist ein Vergehen an dem Kind.
Das Kind hat erhebliche körperliche Einschränkungen und wurde im anderen Bundesland unter dem Förderschwerpunkt "GB" inklusiv beschult.
Ich nehme es mit in meine Klasse und die anderen Kinder kümmern sich rührend, stoßen aber ebenfalls schnell an ihre Grenzen und kommen etwas ratlos zu mir, als sie merken, ihre Hilfe stößt unbeabsichtigterweise auf Unverständnis im Sinne
von "nicht verstehen können".
Ich bin fortan ausschließlich mit dem neuen Kind beschäftigt.
Es benötigt eine permanente 1:1 Zuwendung, Hilfe bei den Toilettengängen, Hilfe beim An- und Auskleiden, Hilfe im Lebens- und Schulalltag.
Hilfe beim Frühstück, beim Öffnen der Schultasche und in allen Bereichen, die Schule eben umfasst.
Wir haben Glück: An drei Tagen ist eine Sonderpädagogin vor Ort, die das Kind nun je eine Stunde gezielt fördern kann.
In den restlichen Stunden bin ich Lehrerin, Mama, Integrationshelferin, Ärztin und Krankenschwester in einem.
Wir sind nicht ausgestattet für erkrankte Kinder.
Also kaufe ich Kleinkindspielzeug und Malbücher - natürlich nicht vom Schulbugdet, denn das ist nicht vorgesehen, wo kämen wir denn da hin?
Ich schreibe einen Hilferuf an den Schulträger und das Jugendamt.
Während das Jugendamt sich direkt meldet, höre ich vom zuständigen Fachbreich nichts.
Schweigen.
Der Antrag auf Integratrionshilfe wird gestellt, aber mir wird wenig Hoffnung gemacht, dass er schnell bewilligt und ebenso schnell eine Person gefunden wird, die eingestellt werden kann.
Die Tage vergehen. Ich fühle mich hilflos.
Das Kind fokussiert meine Aufmerksamkeit, die anderen Kinder kommen zu kurz.
Ich wechsle eingenässte Kleidung, ich wasche, ich füttere, ich helfe, wo es geht.
Ich wende mich an die zuständige Förderschule, die sofort bereit wäre, das Kind aufzunehmen und zu beschulen.
Das scheitert am Willen der Eltern.
Ich wende mich an die Schulaufsicht und höre, das Kind muss bei uns beschult werden, es bestünde Schulpflicht.
Ja, es besteht Schulpflicht.
Aber besteht nicht weitaus mehr als diese Pflicht?
Ich habe ja schon viel Schlimmes/Unbegreifliches/Unfassbares rund um die halbgare Idee von Inklusion erlebt und gehört, aber das schlägt dem Fass den Boden aus!
Es ist mir unbegreiflich wie so etwas rechtens sein kann! Unzumutbar für ALLE Beteiligten!
vom 12.02.2020, 21.51